Februarrevolution

Februarrevolution, Bezeichnung für die revolutionären Vorgänge 1848 in Paris, die zum Sturz der nach der Julirevolution 1830 errichteten so genannten Julimonarchie führten. Auslöser war u. a. die Politik des Ministerpräsidenten Guizot, der sich beispielsweise gegen eine Verbesserung der Sozialgesetzgebung aussprach. Es gab Demonstrationen von Arbeitern und Studenten, die zwischen dem 22. und dem 24. Februar in Barrikadenkämpfen eskalierten. Die Regierung unter König Louis Philippe musste abtreten, der „Bürgerkönig" emigrierte nach Großbritannien. Unter Alphonse de Lamartine, dem Chef der provisorischen Regierung, der auch Jean Joseph Louis Blanc angehörte, konstituierte sich die 2. Französische Republik. Die französische Februarrevolution war eine der Grundlagen für die Märzrevolution 1848/49 in Deutschland.

Zur Februarrevolution 1917 in Russland siehe Russische Revolution.


Verfasst von:
Fedor Bochow

 

 

Festspiele

Festspiele, ursprünglich Bezeichnung für die Aufführung eines Bühnenwerks im Rahmen eines religiösen oder weltlichen Festes, heute auch für das organisierte Ganze einer Aufführungsreihe selbst. Zu den frühesten Beispielen ersterer Art gehören die kultischen Dionysien, die im antiken Griechenland zu Ehren des Weingottes Dionysos gefeiert wurden. Aus den während der Dionysien aufgeführten dithyrambischen Chorgesängen entwickelte sich im 6. Jahrhundert die griechische Tragödie, die seitdem ein Höhepunkt des Festes war. Die geistlichen Festspiele des Mittelalters (Passionsspiel, Osterspiel, Weihnachtsspiel und Mysterienspiel) gingen auf Liturgien zurück und stellten die Taten und Leiden Jesu sowie die Lebensgeschichte von Heiligen dar. Mit der in der Renaissance und im Barock einsetzenden Säkularisierung traten gegenüber den religiösen Festen zunehmend höfische Feste in den Vordergrund, bei denen Opern, Dramen und Ballette aufgeführt wurden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden in Deutschland nationale Festspiele, die mittels patriotischer Dramen zur Einigung und zum Widerstand gegen die französische Besetzung aufriefen. Zur Zeit des Nationalsozialismus versuchte man, Festspiele für die Verbreitung nationalistischer Gedanken zu nutzen, namentlich durch das heroische Thingspiel, das jedoch aufgrund des geringen Erfolges und der schwachen künstlerischen Leistungen bereits 1937 wieder aufgegeben werden musste. Zu den bekanntesten noch heute veranstalteten Festspielen gehören die Wagner-Aufführungen der Bayreuther Festspiele sowie die durch Hugo von Hofmannsthal und Max Reinhardt begründeten Salzburger Festspiele.


Verfasst von:
Dietmar Götsch

 

Feudalismus

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EINLEITUNG

Feudalismus, Bezeichnung für die hoch- und spätmittelalterliche Gesellschaftsordnung, die auf dem Lehnswesen gründete und sich dadurch auszeichnete, dass der Monarch eine freie, adelige Oberschicht durch das Lehnsrecht mit Grundherrschaften und verschiedenen Hoheitsrechten ausstattete. Die lehnsrechtlich bestimmte Gesellschaft war streng hierarchisch gegliedert und wurde durch gegenseitige Treuebeziehungen zusammengehalten. Der Begriff „Feudalismus" entstand im 17. Jahrhundert in Frankreich (französisch féodalité) und kommt vom mittellateinischen Wort feudum, der Bezeichnung für das vasallische Lehen.

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DAS LEHNSWESEN

Das Lehnswesen ging als Synthese aus der römischen clientela und dem germanischen Gefolgschaftswesen hervor. Es entwickelte sich mit der Änderung der Wehrverfassung im 7./8. Jahrhundert im Frankenreich: Das Aufgebot aller Freien im Volksheer wurde abgelöst durch ein ständig verfügbares, besser ausgerüstetes Reiterheer aus Berufskriegern. Die Reiter bzw. Ritter wurden vom König oder einem anderen mächtigen Grundbesitzer, dem Lehnsherrn, materiell ausgestattet, um sich Ausbildung, Ausrüstung und ritterlichen Lebensstil leisten zu können. In der Regel erhielten sie Land, oft auch Ämter oder Rechte, die Erträge abwarfen, zur dauernden Nutzung. Als Gegenleistung für diese Ausstattung, die Lehen, waren die Lehnsnehmer, die Vasallen (vom keltischen Wort für „Diener"), ihren Herrn gegenüber zu Treue, Gehorsam und Dienstleistung verpflichtet. Die Treuepflicht war gegenseitig und galt auch für den Herrn gegenüber den Vasallen. Die Dienstpflicht bestand vor allem aus dem Ritterdienst und der Heerfahrt, wobei letzteres insbesondere die Romfahrt, d. h. den Zug zur Kaiserkrönung nach Rom, beinhaltete.

An der Spitze der lehnsrechtlich organisierten Gesellschaft stand der König. Er vergab Grund bzw. Grundherrschaften und Ämter als Lehen an die Kronvasallen, die im Gegenzug die ihnen anvertrauten Ämter auszufüllen und Kriegsdienst zu leisten, d. h. Ritter zu stellen hatten. Die Kronvasallen, in der Regel Herzöge, Grafen, Bischöfe und Reichsäbte, rekrutierten sich aus dem Hochadel. Diese wiederum gaben Land und Ämter an Aftervasallen zu Lehen weiter, die dafür ebenfalls ihren Herren Amts- und Kriegsdienst zu leisten hatten. Die Aftervasallen gehörten dem niederen Adel an, waren Ritter, Dienstmannen und Äbte und gaben ihrerseits Land zur Bearbeitung an unfreie, hörige Bauern weiter, die dafür Naturalabgaben und Arbeitsdienste leisten mussten. Zu den Unfreien bestanden keine lehnsrechtlichen Beziehungen. Die Lehnsgesellschaft war pyramidenförmig aufgebaut: Die breite Basis bildete die Masse der unfreien Bauern, darüber kam die schmalere Schicht der Aftervasallen, gefolgt von der noch kleineren Gruppe der Kronvasallen. An der Spitze der Pyramide stand der Herrscher.

Im Laufe des Hochmittelalters bildete sich in Deutschland eine differenziertere Struktur in der Lehnshierarchie heraus, die Heerschildordnung, die die Lehnsfähigen, d. h. diejenigen, die Lehen vergeben oder annehmen konnten, sieben Stufen zuordnete: An der Spitze stand wieder der König bzw. Kaiser, auf der zweiten Stufe folgten die geistlichen Fürsten, auf der dritten die weltlichen Fürsten, auf der vierten Grafen und Freiherren; die fünfte Stufe bildeten die Ministerialen (Dienstmannen), die sechste deren Mannen, die siebte und unterste die übrigen ritterbürtigen Mannen, die als Einzige des Heerschildes nicht die aktive Lehnsfähigkeit besaßen, d. h. selbst keine Lehen vergeben, sondern nur annehmen konnten. Die „Schildbürtigen", also alle Angehörigen des Heerschildes, konstituierten den mittelalterlichen Adel und bildeten gegenüber der Masse der Unfreien eine relativ dünne, elitäre Herrenschicht.

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DAS LEHNSRECHT

Lehnsfähig waren zunächst nur Ritterbürtige, d. h. Freie, die waffenfähig und im Vollbesitz ihrer Ehre sein mussten; im Spätmittelalter konnten auch unfreie Ministerialen in den Ritterstand aufsteigen. Begründet wurde das Lehnsverhältnis durch einen symbolischen Akt, der Vertragscharakter hatte: Der Vasall leistete, indem er seine gefalteten Hände in die des Lehnsherrn legte, Mannschaft bzw. Gefolgschaft (hominium, homagium) und den Treueid (fidelitas). Der Lehnsherr investierte durch die Übergabe von Herrschaftssymbolen wie Schwert, Ring, Zepter oder Handschuh seinen Vasallen mit dem Lehen (investitura). Mit dem Lehnsverhältnis ging der Herr zugleich auch die Verpflichtung zu Schutz und Unterhalt gegenüber dem Vasallen ein.

Der Lehnsdienst bestand in erster Linie in Heerfahrt, also Kriegsdienst, und in Hoffahrt, also der Anwesenheit des Vasallen beim Herrn, um ihm Rat und Hilfe zu leisten. Aus der Hoffahrt entwickelten sich ab dem Spätmittelalter zum Teil die Land- und Reichstage sowie die lehnsrechtlich geprägte Stellung der Reichsfürsten. Das Lehnsgut – Land oder Amt – wurde dem Vasallen zunächst lediglich zur Nutzung überlassen. Später bildete sich für die Seite des Vasallen der Status eines Untereigentümers des Lehens heraus, wobei der Herr der Obereigentümer blieb, und schließlich entwickelte sich mit der Vererbbarkeit der Lehen ein Anspruch der Erben des Vasallen auf Wiederbelehnung. Eigentümer blieb jedoch weiterhin der Herr.

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DER FEUDALSTAAT

Die mittelalterlichen europäischen Staaten waren in ihrer Herrschaftsstruktur in unterschiedlichem Maße durch das Lehnswesen geprägt. Nicht nur Grund und Boden mit allen zugehörigen Rechten, sondern auch Ämter, wie Grafschaften und Vogteien, und königliche Hoheitsrechte (Regalien), wie Zollrecht und Gerichtsbarkeit, wurden vom König als Lehen vergeben. Die zentrale Herrschaftsgewalt verblieb zwar theoretisch weiterhin beim König, wurde aber durch die Delegation an eine Vielzahl von Personen, die die Ämter und Hoheitsrechte in Eigenverantwortung ausübten, de facto zersplittert und geschwächt.

Als problematisch erwies sich zudem, dass die Kronvasallen Ämter und Rechte vielfach an Aftervasallen weitergaben. Ein unmittelbares Herrschaftsverhältnis bestand somit nur zwischen dem König und den Kronvasallen. Dies galt zumindest für die deutschen Länder, wo die Aftervasallen dem König nicht zur Treue verpflichtet waren. Außerdem konnten die Kronvasallen durch Weiterbelehnung und die damit verbundenen Treueverpflichtungen eigene Herrschaften aufbauen, die zur Königsgewalt in Konkurrenz treten konnten. In den deutschen Ländern kam erschwerend hinzu, dass der König nur über einen Teil des Grundes mit den zugehörigen Herrschaftsrechten verfügte; der andere Teil war Eigengut des Adels, das nicht in den Lehnsverband eingegliedert war und daher zur Grundlage für die Errichtung vom König unabhängiger Adelsherrschaften werden konnte.

Um ein Gegengewicht zu dem sich verselbständigenden Adel zu schaffen, stützte sich der König im hochmittelalterlichen Deutschen Reich zunächst auf die Reichskirche, der er in großem Umfang Grund und Privilegien zukommen ließ (ottonisch-salisches Reichskirchensystem). Nach dem Investiturstreit suchte das Königtum, die Reichskirche enger in den Reichslehnsverband einzubinden, u. a. indem es Bischöfe und Reichsäbte mit der weltlichen Herrschaftsgewalt belehnte. Die staufischen Könige schließlich bemühten sich, sowohl das adelige Eigengut in vom König abhängige Lehen umzuwandeln als auch die Reichsverwaltung auf der Basis einer lehnsrechtlich vom König abhängigen Reichsministerialität zu zentralisieren. Der staufische Versuch scheiterte jedoch. Die spezifische Ausprägung des Lehnswesens in Deutschland führte zum Zerfall der Herrschermacht und zur Territorialisierung des Reiches.

In Frankreich dagegen und in den normannisch dominierten Staaten England und Sizilien sowie in den französisch-normannischen Kreuzfahrerstaaten nahm das Lehnswesen eine andere Entwicklung: Hier waren auch die Aftervasallen dem König zu Treue und Gefolgschaft verpflichtet, zudem unterstand der Großteil des Bodens mit all seinen Rechten der Verfügung des Herrschers, so dass sich – im hochmittelalterlichen England und in den Kreuzfahrerstaaten mehr noch als in Frankreich – weitgehend feudalisierte, zentralisierte, straff durchorganisierte einheitliche Staatswesen herausbilden konnten.


Verfasst von:
Mechthild Weißer

 

Französische Republik

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EINLEITUNG

Französische Republik, Staatsform des modernen Frankreichs seit 1792 mit Ausnahme des Konsulats Napoleons (1799-1804) und seines 1. Kaiserreiches (1804-1814/15), des 2. Kaiserreiches Napoleons III. (1852-1870) und der Vichy-Regierung (1940-1944). Bislang gab es insgesamt fünf Französische Republiken:

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1. REPUBLIK (1792-1799)

Nach der Nationalversammlung (1789) und der Legislative (1791) konstituierte sich am 21. August 1792 der aus allgemeinen Wahlen hervorgegangene Nationalkonvent als drittes Parlament der Französischen Revolution. In dieser Körperschaft, die als einziges Organ die gesamte Nation repräsentierte, konzentrierte sich die gesamte Macht des Landes. Von den 750 Abgeordneten stellten die Girondisten etwa 200, die von Robespierre geführten Jakobiner 120, der Rest gehörte unterschiedlichen Gruppierungen an, u. a. den Cordeliers. Der Konvent proklamierte einstimmig die Abschaffung der Monarchie, eröffnete das „Jahr I" der Republik und ließ den abgesetzten König Ludwig  XVI. hinrichten. Als sein Exekutivorgan setzte er 1793 den mit diktatorischen Vollmachten versehenen Wohlfahrtsausschuss ein. Während die Gironde zunächst die Herrschaft im Konvent ausübte, verfügten die Jakobiner in den Sansculotten über eine Massenbasis. Deren Aufstand 1793 brachte die Jakobiner an die Macht, die ihre Herrschaft mit einer neuen, radikaldemokratischen und zentralistischen Verfassung festigten. Auf dieser Basis entfalteten sie den revolutionären Terror (Grande Terreur), dessen Opfer sie mit ihrem Sturz am – nach dem Revolutionskalender – 9. Thermidor (27. Juli 1794) selbst wurden. Die dritte Verfassung der Revolution, die am 22. August 1795 verkündet wurde, beruhte auf dem Prinzip der Gewaltenteilung und installierte das Direktorium als oberste Regierungsbehörde. Mit seinem Staatsstreich am 18. Brumaire (9. November 1799) beseitigte Napoleon Bonaparte die 1. Republik, erklärte die Revolution für beendet und etablierte sein Konsulat.

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2. REPUBLIK (1848-1852)

Der Sieg der Februarrevolution 1848 über das konservative Regime des Bürgerkönigs Louis Philippe brachte zunächst Linksrepublikaner und Sozialisten (Alphonse de Lamartine, Louis Blanc) an die Macht. Mit den Wahlen zur Nationalversammlung, der Niederschlagung des Arbeiteraufstands im Juni und der Verabschiedung einer autoritär angelegten Präsidialverfassung setzte sich dann jedoch das aufstrebende Bürgertum durch. Louis Napoleon baute seine starke Stellung aus und ließ sich nach einem Staatsstreich durch ein Plebiszit 1851 als faktischer Diktator bestätigen. 1852 proklamierte er sich als Napoleon III. zum Kaiser der Franzosen.

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3. REPUBLIK (1870/75-1940)

Frankreichs Niederlage im Deutsch-Französischen Krieg war mit dem Sturz Napoleons III. und der Ausrufung der bislang langlebigsten 3. Republik verbunden, die sich jedoch zunächst gegen die sozialistisch-anarchistische Linke der Pariser Kommune, dann gegen die Royalisten (u. a. Marquis de MacMahon) durchsetzen musste. 1870 provisorisch proklamiert, konstituierte sie sich 1875 formell als parlamentarische Republik. Ihre herausragenden Repräsentanten der ersten Phase waren Leon Gambetta und Adolphe Thiers. Vor und während des 1. Weltkrieges und in der Nachkriegszeit prägten vor allem George Clemenceau, Aristide Briand und Raymond Poincaré die Politik. Die sich im Zuge der Weltwirtschaftskrise 1929 verschärfende wirtschaftliche und soziale Situation führte zu einer politischen Polarisierung, die Frankreich in den dreißiger Jahren faktisch lähmte. Die sozialpolitischen Erfolge der Volksfront des Sozialisten Léon Blum zogen keine dauerhafte Entschärfung der Krise nach sich. Erst unter der Regierung Édouard Daladier brachte ein Wirtschaftsaufschwung zunächst eine Beruhigung der inneren Lage. Die Niederlage gegen Deutschland 1940 und die Machtübernahme Marschall Philippe Petains beendeten die 3. Republik.

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4. REPUBLIK (1946-1958)

Die neue Verfassung von 1946 beendete die Phase der Provisorischen Regierung unter Charles de Gaulle nach dem Untergang der Vichy-Regierung und gab dem französischen Kolonialreich einen neuen Status als „Französische Union". Während Frankreich in Europa seine nach dem 2. Weltkrieg wieder gewonnene Machtposition zu behaupten wusste, musste es nach dem Indochinakrieg (1946-1954) und dem Algerienkrieg (1954-1962) seinen Anspruch als globale Kolonialmacht aufgeben. Die daraus resultierenden inneren Erschütterungen führten zur Übertragung der Staatsmacht an Charles de Gaulle, der Frankreich eine auf ihn zugeschnittene Verfassung gab.

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5. REPUBLIK (SEIT 1958)

Die starke Stellung des Staatspräsidenten ermöglichte Frankreich trotz mehrerer schwerer Krisen (u. a. im Mai 1968) und unterschiedlicher Mehrheitsverhältnisse im Parlament eine im Wesentlichen stabile Innen- und Außenpolitik, die von den Amtsinhabern, beginnend mit de Gaulle, gefolgt von dem Gaullisten Georges Pompidou, dem Republikaner Valéry Giscard d’Estaing, dem Sozialisten François Mitterrand und Jacques Chirac (erneut ein Gaullist) gewährleistet wurde.


Verfasst von:
Wieland Eschenhagen

 

Französische Revolution

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EINLEITUNG

Französische Revolution, Epoche der französischen Geschichte von 1789 bis 1799, in der die Feudalherrschaft gewaltsam abgeschafft und eine bürgerliche Republik etabliert wurde. Die Französische Revolution hatte tief greifende Auswirkungen auf beinahe ganz Europa.

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HISTORISCHE GRUNDLAGEN

Die revolutionären Unruhen resultierten aus der Unfähigkeit des Ancien régime, auf die geistigen (siehe Aufklärung) und wirtschaftlich-politischen Herausforderungen Ende des 18. Jahrhunderts angemessen zu reagieren. Das ökonomisch erstarkte Bürgertum drängte auf größere politische Einflussnahme, eklatante soziale Missstände erforderten dringend eine Lösung. Hinzu kam der Staatsbankrott von 1788, der eine Legitimitätskrise der Monarchie auslöste. Langfristig wirkten sich hier u. a. noch die Lasten des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) aus. Während der Regierungszeit Ludwigs XVI. wurden die Rufe nach Reformen immer lauter. Die Reformen der Finanzminister Anne Robert Jacques Turgot und Jacques Necker erbrachten zwar eine größere Transparenz der Staatsfinanzen, scheiterten aber letztlich am Widerstand konservativer Kräfte in der Notablenversammlung von 1787/88. Im Lauf der nächsten Jahre verschärfte sich die Finanzkrise immer mehr. Forderungen nach einer Einberufung der Generalstände (Klerus, Adel und dritter Stand), die seit 1614 nicht mehr zusammengetreten waren, zwangen Ludwig XVI. 1788, landesweite Wahlen zu genehmigen. Im Vorfeld der Wahlen kursierten zahlreiche Pamphlete mit aufklärerischem Gedankengut und die so genannten Beschwerdehefte (Cahiers de doléances), in denen die Kritik der Bevölkerung an den aktuellen Zuständen deutlich zum Ausdruck kam.

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GENERALSTÄNDE UND ABSETZUNG LUDWIGS XVI.

Am 5. Mai 1789 traten die Generalstände in Versailles zusammen. Der dritte Stand hatte zwar eine Verdopplung seiner Mandatszahl erreicht (er stellte 578 Abgeordnete, der Klerus 291 und der Adel 270), scheiterte jedoch mit seiner Forderung, in den Generalständen gleichberechtigt nach Köpfen anstatt nach Ständen abzustimmen. Der dritte Stand rekrutierte sich vor allem aus Angehörigen des aufgeklärten, gebildeten Bürgertums und bestand nahezu ausschließlich aus Reformbefürwortern. Seine prominentesten Führer waren der Abbé Sieyès, der sich in seiner einflussreichen Schrift Qu’est-ce que le tiers état? (Was ist der dritte Stand?) gegen jede Form von Standesprivilegien ausgesprochen hatte, und Graf Mirabeau. Am 17. Juni erklärte sich der dritte Stand zur Nationalversammlung (Assemblée nationale) und legte am 20. Juni einen feierlichen Eid ab, keinesfalls vor der Schaffung einer neuen Verfassung auseinander zu treten (Ballhausschwur). Zahlreiche Vertreter der beiden anderen Stände, vor allem der niedere Klerus und die liberale Minderheit des Adels, schlossen sich an. Auf Druck der Pariser Bevölkerung musste Ludwig XVI. schließlich die Nationalversammlung anerkennen, die sich, nachdem ihr auf Anweisung des Königs auch die übrigen Vertreter von Klerus und Adel beigetreten waren, am 9. Juli 1789 zur verfassunggebenden Nationalversammlung (Assemblée nationale constituante) konstituierte.

Zwischenzeitlich hatte der König loyale Truppen rings um Paris konzentriert und am 11. Juli den beim Volk populären Necker erneut aus der Regierung entlassen. Diese Provokationen lösten letztlich am 14. Juli den Sturm auf das verhasste Staatsgefängnis, die Bastille, aus.

Schon vor den Pariser Unruhen war es in vielen Teilen Frankreichs aufgrund der herrschenden Hungersnot zu Ausschreitungen seitens der Bauern gekommen; seit den Pariser Unruhen gingen die Aufstände gegen die Aristokratie in den Provinzen weiter. Die erste Welle der Émigrés, vor allem Adelige, verließ in Reaktion auf die Unruhen in Paris und in den Provinzen überstürzt das Land. Unter ihnen waren auch die späteren Könige Ludwig XVIII. und Karl X., die jüngeren Brüder Ludwigs XVI., die im Ausland um Unterstützung für die französische Monarchie warben.

In Paris wurde angesichts der Unruhen eilig eine provisorische revolutionäre Regierung gebildet und eine Bürgermiliz ins Leben gerufen, die so genannte Nationalgarde unter dem Befehl des Marquis de Lafayette. Die blau-weiß-rote Kokarde der Nationalgarde inspirierte später die Farbgebung der neuen Nationalflagge, die als Trikolore die weiße Standarte der Bourbonen ersetzte. Ludwig XVI. verzichtete nun auf eine militärische Lösung und setzte Necker erneut als Minister ein. Die Nationalversammlung stellte in der Folge zahlreiche der von der provisorischen Regierung getroffenen Maßnahmen auf eine offizielle rechtliche Grundlage: Sie beseitigte die feudalen Standesrechte und andere Privilegien und hob den geistlichen Zehnt auf (4./5. August 1789), verkündete die Menschen- und Bürgerrechte (26. August), säkularisierte die Kirchengüter und wandelte sie in Nationalgüter um (2. November), untergliederte das Land in einer Verwaltungsreform in 83 Departements, die Hauptstadt Paris in 48 Sektionen (Januar 1790), schaffte den Erbadel ab (19. Juni 1790) und schuf eine Zivilverfassung für den Klerus (12. Juli 1790).

Die Phase der Kooperation zwischen Königshaus und Nationalversammlung wurde durch des Königs misslungene Flucht nach Varennes im Juni 1791 beendet. Die Nationalversammlung hatte sich zwischenzeitlich bevorzugt der Ausarbeitung einer Verfassung gewidmet. Die Verfassung, die schließlich am 3. September 1791 verkündet wurde, sah noch eine konstitutionelle Monarchie vor mit legislativen Befugnissen des Königs sowie ein Zensuswahlrecht, das die Mehrheit der Bevölkerung von der Teilnahme an der Politik ausschloss. Unter dem Eindruck der Flucht des Königs und des Blutbades auf dem Marsfeld vom 17. Juli 1791 (Sprengung einer antimonarchistischen Kundgebung durch die Nationalgarde) mehrten sich jedoch die Stimmen für die Schaffung einer Republik. Federführend waren hier vor allem die radikalen politischen Clubs der Jakobiner, unter denen zunächst noch die gemäßigteren Girondisten das Übergewicht hatten, und der Cordeliers; die gemäßigten Monarchisten dagegen schlossen sich im Klub der Feuillants zusammen.

In der neu gewählten Gesetzgebenden Nationalversammlung (Assemblée nationale législative), die am 1. Oktober 1791 zusammentrat, stellten die genannten politischen Clubs die Mehrheit; allerdings kam es schon bald unter den Jakobinern zu scharfen Gegensätzen zwischen den Flügeln der Girondisten und der radikaleren Bergpartei. Am 20. April 1792 setzten die Girondisten, die noch die Nationalversammlung dominierten, die Kriegserklärung an Österreich und Preußen durch, womit die langwierigen, beinahe ganz Europa in Atem haltenden Kriege der Französischen Revolution eingeleitet wurden. In Reaktion auf das Koblenzer Manifest des österreichisch-preußischen Oberbefehlshabers, das in radikaler Form die uneingeschränkte Wiederherstellung der Monarchie in Frankreich als Kriegsziel der Koalition formulierte, stürmte am 10. August 1792 die Pariser Bevölkerung die Tuilerien, die Residenz des Königs; Ludwig XVI. wurde abgesetzt und mit seiner Familie im Temple inhaftiert, und es wurde die Wahl eines Nationalkonvents (Convention nationale) beschlossen. Mit dem Sturm auf die Tuilerien begann eine deutlich radikalere Phase der Französischen Revolution.

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NATIONALKONVENT UND SCHRECKENSHERRSCHAFT

In der Folgezeit wurden in den so genannten Septembermorden zwischen dem 2. und dem 6. September über 1 000 politische Gefangene, vor allem Geistliche, die den Eid auf die Zivilverfassung des Klerus verweigert hatten, und Royalisten, in Schnellverfahren zum Tode verurteilt und hingerichtet – toleriert u. a. von dem Justizminister Georges Danton. Am 20. September 1792 brachte die französische Armee bei Valmy den Vorstoß der österreichisch-preußischen Invasionstruppen zum Stehen. Der neu gewählte Nationalkonvent trat am 21. September 1792 zusammen und rief sogleich die Republik aus. Beherrscht wurde der Konvent zunächst von den Girondisten und der Bergpartei. Mit dem 22. September begann das „Jahr I" des neuen republikanischen Kalenders.

Am 11. Dezember 1792 wurde der Prozess gegen Ludwig XVI., den „Bürger Capet", eröffnet, am 17. Januar 1793 erging das Todesurteil wegen Landesverrats, und am 21. Januar 1793 wurde der König hingerichtet.

In der Folge schaltete die Bergpartei aufgrund der prekären außenpolitisch-militärischen und der instabilen innnenpolitischen Lage die Girondisten im Nationalkonvent nach und nach aus; Ende Mai/Anfang Juni wurden einige der führenden Girondisten verhaftet. Ab dem Juni 1793 wirkten die Jakobiner, d. h. in erster Linie die Bergpartei, bestimmend im Konvent und dessen Ausschüssen („Jakobinerherrschaft"), vor allem nach der Ermordung des radikalen Jakobinerführers Jean Paul Marat durch Charlotte Corday, einer Girondistin, im Juli 1793.

Am 6. April gründete der Konvent den Wohlfahrtsausschuss als maßgebliches Exekutivorgan der Republik und gestand ihm weit reichende Vollmachten zu; die demokratische Verfassung vom 24. Juni 1793 wurde vorläufig (bis zu einem Friedensschluss mit der Koalition) suspendiert. Dem Wohlfahrtsausschuss gehörten u. a. Danton, Louis Saint-Just und Lazare Carnot an; am 27. Juli kam auch der Jakobinerführer Maximilien de Robespierre hinzu, der bald den Ausschuss dominierte. Robespierre setzte mit Hilfe von Danton, Saint-Just und Carnot im Wohlfahrtsausschuss extreme Maßnahmen durch, um eine Gegenrevolution schon im Keim zu ersticken. Von April 1793 bis Juli 1794, der Zeit der so genannten Schreckensherrschaft, wurden die Befugnisse des Ausschusses monatlich vom Nationalkonvent bestätigt. Dabei bewegte man sich zunehmend in Richtung eines dirigistisch-radikaldemokratischen Staatswesens. Von einschneidender Wirkung war die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht und die Einrichtung eines Revolutionstribunals zur Aburteilung politisch missliebiger Personen.

Das erste prominente Opfer des Tribunals war die ehemalige Königin Marie Antoinette, die am 16. Oktober hingerichtet wurde; 14 Tage später folgten die 31 hochrangigen, im Mai/Juni verhafteten Girondisten. Insgesamt fanden in Paris über 2 000 Personen den Tod durch die Guillotine, im Rest des Landes nochmals über 15 000 (über 1 600 wurden allein in Lyon auf Anordnung Joseph Fouchés hingerichtet). Rechnet man die Todesfälle in den katastrophal überfüllten Gefängnissen und die Schnellverfahren auf dem Schlachtfeld hinzu, so belief sich die Zahl der Opfer der Schreckensherrschaft auf schätzungsweise 40 000 Menschen. Robespierre ergänzte diesen Schrecken (La Grande Terreur) um antireligiöse Vorschriften, er richtete den „Kult der Vernunft" und das „Fest des Höchsten Wesens" ein und ersetzte im Oktober 1793 den julianischen Kalender durch den republikanischen Kalender.

Im Kampf um die Macht und die politische Vorherrschaft behielt Robespierre zunächst die Oberhand. Am 24. März 1794 wurden Hébert und seine wichtigsten Verbündeten hingerichtet, Danton und seine Anhänger am 5. April. Schließlich richtete sich aber der Terror gegen ihn selber. Am 27. Juli 1794, dem 9. Thermidor II nach dem Revolutionskalender, wurde Robespierre gestürzt, zusammen mit Saint-Just, Couthon und 98 weiteren Gefolgsleuten inhaftiert und folgenden Tages hingerichtet.

Bis Ende 1794 stand der Nationalkonvent nun unter dem Einfluss der gemäßigten Republikaner, der so genannten „Thermidorianer".

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DAS DIREKTORIUM UND DIE MACHTÜBERNAHME NAPOLÉONS

Ende September 1795 wurde die neue Direktorial-Verfassung angenommen; am 26. Oktober lösten sich Nationalkonvent und Wohlfahrtsausschuss auf, und am 31. Oktober 1795 trat das Direktorium (Directoire) als oberstes Regierungsorgan zusammen. Durch das Zensuswahlrecht der neuen Verfassung wurde in Frankreich wieder die bürgerliche Klassengesellschaft festgeschrieben. Angriffe auf die neue Verfassung von Rechts und Links, von Royalisten und Jakobinern bzw. Früh-Kommunisten (Françoise Babeuf), konnte das Direktorium abwehren.

Obwohl sich das Direktorium auf eine Reihe fähiger Führungspersönlichkeiten, wie Charles Maurice de Talleyrand-Périgord und Joseph Fouché stützen konnte, traten Misserfolge wie der durch die drastische Abwertung der Assignaten ausgelöste Staatsbankrott (30. September 1797) auf. Problematisch wirkte sich auch die entschiedene Gegnerschaft des restlichen Europa aus, das nahezu vollständig unter monarchisch-absolutistischer Herrschaft stand, und die militärischen Niederlagen der Franzosen gegen die antifranzösische Koalition.

Am 9. November 1799 (dem 18. Brumaire) setzte der korsische Artilleriegeneral Napoléon Bonaparte in einem Staatsstreich das Direktorium ab, erließ am 24. Dezember 1799 die Konsulatsverfassung und wurde selbst Erster Konsul. Damit war die Revolution innenpolitisch am Ende, wurde jedoch durch die Koalitionskriege und die Napoleonischen Kriege in weite Teile Europas getragen.

 

Freie Bühne

Freie Bühne, 1889 von den Kritikern und Literaten Maximilian Harden, Theodor Wolff, den Brüdern Heinrich und Julius Hart, Ludwig Fulda, Paul Schlenther, Otto Brahm und dem Verleger Samuel Fischer nach dem Vorbild des Théâtre libre des französischen Schauspielers André Antoine in Berlin gegründeter Theaterverein zur Aufführung zeitgenössischer Dramen. Programmatisch der neuen Kunstrichtung des Naturalismus verpflichtet, war seit 1890 die Freie Bühne für modernes Leben sein Publikationsorgan, die ab 1894 als Neue deutsche Rundschau und ab 1904 als Neue Rundschau fortgeführt wurde. Bis 1894 fungierte Otto Brahm als erster Vorsitzender. Zur Umgehung der Theaterzensur wurden die Dramen in Originalfassung in geschlossenen Mitgliederveranstaltungen und angemieteten Räumen inszeniert. Die Freie Bühne eröffnete am 29. September 1889 mit Gespenster von Henrik Ibsen. Besondere Bedeutung gewannen die Stücke Gerhart Hauptmanns, so Vor Sonnenaufgang (1889) und Die Weber (uraufgeführt 1893). Eine weitere wichtige Aufführung war Ludwig Anzengrubers Das Vierte Gebot (1890). Die Freie Bühne, die innerhalb kurzer Zeit 900 Abonnenten hatte, trug nachhaltig zur Entwicklung einer realistischen Schauspielkunst in Deutschland bei und wurde zum entscheidenden Vorläufer der Volksbühnenbewegung. Die letzte Vorstellung fand 1909 mit einer Gedenkaufführung von Hauptmanns Vor Sonnenaufgang im Lessing-Theater statt. Nach dem Berliner Vorbild wurden u. a. auch in München, Leipzig, Wien und Kopenhagen Freie Bühnen gegründet.


Verfasst von:
Cornelia Fischer

 

Frankfurter Nationalversammlung

Frankfurter Nationalversammlung, erstes gesamtdeutsches, freigewähltes und verfassungsgebendes Parlament. Es konstituierte sich am 18. Mai 1848 und tagte in der Frankfurter Paulskirche. Die 585 Abgeordneten, größtenteils Akademiker, waren im Ergebnis der Märzrevolution 1848 aus allgemeinen und gleichen Wahlen (vorbereitet durch ein Vorparlament) hervorgegangen. Im Juni löste die Nationalversammlung unter ihrem Präsidenten Heinrich von Gagern (1799-1880) die Bundesversammlung des Deutschen Bundes auf und bildete mit der Wahl Erzherzog Johanns zum Reichsverweser und der Bestellung eines Reichsministeriums eine provisorische Zentralgewalt. Ohne eigenes Militär und ohne Verwaltungskompetenz gewann sie gegenüber den Einzelstaaten jedoch kein Gewicht. Auch angesichts der Spaltung der Nationalversammlung in zahlreiche politische Fraktionen, die das breite Spektrum von gemäßigt-liberalen bis radikaldemokratisch-revolutionären Abgeordneten widerspiegelten, blieb sie weitgehend machtlos.

Die Frankfurter Nationalversammlung verabschiedete den ersten Katalog fundamentaler Grundrechte des deutschen Volkes (Dezember 1848). Dann aber geriet sie über das Nationalstaatskonzept in langwierige Auseinandersetzungen zwischen Großdeutschen (Forderung nach Einbeziehung Österreichs) und Kleindeutschen (Deutschland ohne Österreich unter Preußens Führung), die sich schließlich knapp durchsetzten. Am 28. März 1849 wurde die Reichsverfassung angenommen und der preußische König Friedrich Wilhelm IV. zum Kaiser einer konstitutionellen Monarchie gewählt. Als dieser sich weigerte, die Krone anzunehmen, war der Versuch der Gründung eines deutschen Nationalstaates von unten gescheitert. Der Maiaufstand in mehreren deutschen Staaten, der die Reichsverfassung nun revolutionär durchsetzen sollte, endete in Niederlagen. Nach Auszug bzw. Abberufung der österreichischen und preußischen Abgeordneten versuchte das Rumpfparlament im Mai 1849 in Stuttgart die Arbeit wieder aufzunehmen, wurde aber von württembergischem Militär aufgelöst. Der Deutsche Bund wurde durch Preußen wiederbelebt, die Restauration behielt die Oberhand. Die Reichsgründung von oben erfolgte 1871.


Verfasst von:
Wieland Eschenhagen